information & emotion
Der emotionale Mensch – Teil 7:
WIE VIEL EMOTIONALITÄT VERTRÄGT EINE ÖFFENTLICHE DISKUSSION?
Grenzen der Meinungsfreiheit
Foto: © LmZ-Archiv
11 | SEPTEMBER 2015
Mag. Markus Neumeyer
Theater-,Film- und
Medienpädagoge
dipl. Lern/Freizeit &
Vitalcoach
www.stagefreaks.atA
uf dem Bild kann man ein kleines
Mädchen erkennen, das über-
glücklich durch einen Schwall
kühles Wasser läuft. Es lacht, und
hat anscheinend ganz vergessen, woher
es kommt, was es durchgemacht hat und
das es dort, wo es im Moment ist, nicht
von allen willkommen ist. Das kleine
Mädchen ist Dunja, sie ist sechs Jahre alt
und ein Flüchtlingskind aus Syrien, für
das die Abkühling aus den Feuerwehr-
schläuchen der netten Florianis zu einem
Höhepunkt der letzten Monate wurde.
Die Flucht vor dem Krieg ist für Erwach-
sene schon eine unglaubliche Tortur, wie
muss es dann erst für Kinder sein?
Das eben beschriebene Bild war übri-
gens auf Facebook zu finden und neben
etlichen positiven Kommentaren, fand
man auch Sätze, für die man sich als
„Mensch“ wirklich schämen sollte. Ein
Kommentar schaffte es sogar in die
deutsche BILD-Zeitung: „Flammenwerfer
währe (sic!) da die bessere Lösung.
WAS „WIRD MAN DOCH NOCH
SAGEN DÜRFEN“?
Besonders die Flüchtlingsdebatte ist in
den letzten Monaten immer emotionaler
geworden. Angeheizt durch bestimmte
politische Gruppierungen, Initiativen
„besorgter Bürger“ und die Berichter-
stattung der Boulevardmedien, hat sich
vor allem in den sozialen Netzwerken
eine Gesprächskultur etabliert, die An-
lass zur Sorge ist. Da werden Menschen
zum „Pack“ degradiert, Flüchtlingsgrup-
pen zur „Flut“ und Propagandamittel
aus einer Zeit hervorgekramt, an die
viele Menschen hierzulande anschei-
nend gar nicht denken, oder sich solche
Zustände sogar wünschen. Hat man sich
vor einigen Monaten beim Veröffentli-
chen derartiger Meinungen noch hinter
einem Pseudonym versteckt, erhoffen
sich all jene, die in die empathiebefreite
Hetze mit einstimmen, inzwischen viel
Beifall unter ihrem echten Namen. Lei-
der bekommen sie ihn auch!
Hier greift auch der Satz „Das wird man
ja noch sagen dürfen“ nicht mehr, denn
eigentlich macht man sich mit solchen
Aussagen schon der Volksverhetzung
strafbar. Auch wenn die Emotionen
bei dieser Diskussion in den Vor-
dergrund rücken, die Vernunft
und vor allem die Menschlich-
keit darf dabei nicht verges-
sen werden. Darum nicht
vergessen: Wer anderer
Meinung ist und sich nicht
von der Unmenschlichkeit
anstecken lässt, hat nicht
nur das Recht, sondern
sogar die Pflicht sich zu
empören.
Aber bitte, mit Vernunft!