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Der emotionale Mensch – Teil 8:
WARUM ES FÜR VIELE VON UNS EINFACHER IST, KEINE EMOTIONEN ZU ZEIGEN
Emotionen versus „Coolness“
Foto: ©
pixabay.com11 | DEZEMBER 2015
Mag. Markus Neumeyer
Theater-,Film- und
Medienpädagoge
dipl. Lern/Freizeit &
Vitalcoach
www.stagefreaks.atC
hris ist ein cooler Hund! Seine
Hose beginnt erst weit unter
der Gürtellinie, seine Shirts
sind ungebügelt und allesamt
Markenware und er trägt sogar bei über
30 Grad Celsius eine dicke Wollmütze.
Die stylische Sonnenbrille sitzt bei Chris
sogar während der Dämmerung noch
fest auf der Nase und die Mundwinkel
wandern meist nur dann nach oben,
wenn er über wen lacht.
RITTERRÜSTUNG COOLNESS
Chris heißt eigentlich Christian, aber
den Namen hat er abgelegt wie einen
alten Hut – er war ihm einfach nicht
cool genug. Chris ist 17 Jahre alt,
verhält sich also durchaus seinem Alter
entsprechend. Traurig ist nur, dass ein
derartiges übertriebenes Verhalten auch
bei vielen Erwachsenen zu erkennen ist.
Ich meine, dass wir es hier mit einem ge-
sellschaftlichen Phänomen zu tun haben.
„Obercoole“ oder auch „Halbstarke“
hat es immer schon gegeben – das ist
Teil der jugendlichen Sturm und Drang
Zeit – aber heutzutage haben wir es
mit einem Schutzmechanismus zu tun,
der in allen Altersklassen zu finden ist.
In Zeiten von Wirtschaftskrisen, Flücht-
lingskatastrophen und Umweltdesastern
wird vielen Menschen klar, dass die
Zukunft äußerst ungewiss ist.
War man sich von Anbeginn des Wirt-
schaftswunders in der Nachkriegszeit
sicher, dass wir und „unsere Kinder
es einmal besser haben werden“, so
blicken wir heute bei weitem nicht so
optimistisch in die Zukunft. Eine „wir
können ja eh nix ändern“-Einstellung
macht sich breit. Was könnte da besser
helfen, als sich einfach eine „Ritterrü-
stung“ überzuziehen, die nichts hinein,
aber auch nichts hinaus lässt.
WER DAUERND COOL IST VERPASST
WAS
Viele Menschen sind heute von Politik
und Gesellschaft enttäuscht und ver-
gessen vor lauter Verbitterung etwas
ganz wichtiges: zu leben! Auch wenn
es zu helfen scheint, nichts an sich ran,
Gefühle erst gar nicht aufkommen zu
lassen, verdrängen viele, dass sie ihr
Leben noch immer selbst in der Hand
haben. Wer wieder beginnt in sich hinein
zu hören, zu fühlen und zu spüren, wird
merken, dass die Welt wieder in kräfti-
gen Farben erscheint. Zu einem großen
Teil, machen wir uns unsere Realität
selbst und Emotionen sind ein wichtiger
Bestandteil dessen. Geht hinaus, lacht,
weint und Horizonte, die bislang im Ne-
bel lagen, werden sichtbar und eröffnen
wieder ganz neue Wege. Das wäre sicher
auch für Christian die bessere Option.