Gesunde Ernährung:
DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE KAUEN
Des Schweines
Ende ist der
Wurst Anfang.
Wilhelm Busch
(1832-1908)
information & gesundheit
Thomas Kolbe
Fachwissenschaftler
für Versuchstierkunde,
Ass.-Prof. für die
Service-Plattform
Biomodels Austria
Veterinärmedizinische
Universität Wien
Ein kritischer Blick
Foto: © Robert
Neumann-Fotolia.comE
rnährungsgewohnheiten unter-
liegen ebenso wie Bekleidungs-
trends Modeeinflüssen. Zum Glück
ändern sie sich aber nur über
Jahrzehnte und nicht jedes Jahr. Fast
Food z.B. hat nach wie vor seine Anhän-
ger. Zum einen kommt es Kindern und
manchen Erwachsenen entgegen, die
Nahrung ohne störende Werkzeuge wie
Messer und Gabel aufzunehmen. Zum
anderen ist unser Körper evolutionär be-
dingt dafür zu begeistern, leicht verdau-
liche Kohlenhydrate aufzunehmen. Man
hat zwar nach 2 Stunden schon wieder
Hunger. Aber umso besser, Zeit für das
nächste Mac-Menü. Die Fast-Food-
Ketten bemühen sich neuerdings um ein
ökologisches Image. Ernährungsphysio-
logisch gesündigt, aber wenigstens ein
gutes Gewissen ob des ökologischen
Fußabdruckes (Begriff nach Wackerna-
gel/Rees, 1994). Auf der anderen Seite
steigt die Nachfrage nach organisch-
ökologisch produzierten Lebensmitteln.
Die möglichst idyllische Lebensgeschich-
te der tierischen Lieferanten interessiert
den Kunden mehr als die ausreichende
Entlohnung des
Bauern, der den
Zusatzauf-
wand
nur selten voll bezahlt bekommt. „Fairtrade“
scheint nur bei Produkten aus Übersee wichtig
zu sein.
Lebensmittel sollen frei von allen künstlichen
Aromen, Hilfs- und Konservierungsstoffen sein.
Auch wenn manche, wie die Ascorbinsäure,
dann alleine wieder unter der Bezeichnung
Vitamin C als gesundheitsfördernd angepriesen
werden. Am besten Gentechnik-frei, fettfrei
und jetzt auch Gluten-frei. Dabei haben nur 2%
der Käufer Gluten-freier Produkte wirklich eine
Allergie dagegen. Aber frei von irgendetwas
klingt halt gesund. Auf der anderen Seite stört
es anscheinend niemanden, wenn die fettfreien,
etwas wässrigen Produkte wieder mit fremden
Substanzen wie Guarkernmehl oder Gummi
arabicum angedickt werden. Und dann werden
auch noch Vitamine und Mineralstoffe künstlich
zugesetzt, obwohl die Produkte eh schon so
gesund sein sollen. Die Alternative, aus selbst
ausgewählten Rohstoffen selber etwas zuzu-
bereiten bei dem man weiß, was enthalten ist,
kommt für viele leider aus Zeit- und Kosten-
gründen nicht mehr in Frage.
Vielleicht werden diese Probleme schon in na-
her Zukunft gelöst: Die Japaner arbeiten bereits
an einer Toilette, die die Körperausschei-
dungen automatisch analysiert und online
einen Gesundheitsbericht an den Hausarzt
senden kann. Wenn dieser dann
Zugriff auf die Bestellsoftware des
halbintelligenten Kühlschranks
daheim hat kann es sein, dass
wir in Zukunft vor der offenen
Kühlschranktür stehen und
ausrufen „iiiiiih, das mag
ich nicht! Das ess ich aber
nicht!“
15 | DEZEMBER 2015