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Ein Gespräch mit Dr.Barnard:
EIN SCHÖNES SPITAL MIT TECHNISCHEN RAFFINESSEN, ABER OHNE
AUSREICHENDE ANZAHL VON ÄRZTEN IST EINE UNNÖTIGE SCHAUBUDE
Es hat sich nichts geändert
Foto: ©
pixabay.com20 | JUNI 2015
Prof. Franz W. Strohmer
med. Journalist
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985 gelang es, mit dem Pionier
der Herztransplantationen, dem
südafrikanischen weltberühmten
Chirurgen Dr. Christiaan Bar-
nard in Wien ein Gespräch zu führen.
Bekanntlich führte Dr. Barnard 1967
am Groote-Schuur-Hospital in Kapstadt
die erste Herztransplantation durch,
nachdem er zu diesem Zeitpunkt schon
mehr als 1000 Operationen am offenen
Herzen durchgeführt hatte. Trotzdem
bezeichnete er retrospektiv diese Opera-
tion als „Sprung ins kalte Wasser„. Der
Patient starb auch bereits nach
18 Tagen an einer Lun-
genentzündung. Der
zweite Transplanta-
tionspatient über-
lebte allerdings
bereits fast 20
Monate.
1983 führte
Dr. Margreiter
in Innsbruck die
erste österreichische
Herztransplantation
durch. Zu diesem Zeit-
punkt hatte Dr. Barnard
seine chirurgische Tätigkeit
infolge einer rheumatischen
Erkrankung bereits einstellen müs-
sen. Die Fingergelenke waren derart
versteift und schmerzhaft, dass an einen
Gebrauch des Skalpells nicht mehr zu
denken war.
Bei einem jungen Kollegen, namens Dr.
Gerhard Schiller, der durch den Medizi-
nerpapst Dr. Karl Fellinger ausgebildet
worden war, suchte der berühmte Herz-
chirurg Dr. Barnard Rat und Hilfe.
Dr. Barnard erklärte schon damals, dass
Rheumatageskliniken nicht nur gegen-
über den teuren Spitalsambulanzen
wesentliche Einsparungen ermöglichen
könnten, sondern für die Patienten
auch eine intensivere und individu-
ellere Betreuung und weitaus geringere
Wartezeiten bedeuten würde. Die besten
Apparate und die tollsten Einrichtungen
einer Klinik können nicht den Arzt
ersetzen, der sich für ein Gespräch und
die Behandlung Zeit nehmen kann. Die
Nähe von Menschen, zu denen man
Vertrauen hat, ist der wichtigste Faktor
beim Gesundungsprozeß.
Auf den Einwand, dass die ärztliche Be-
rufsgruppe aber doch der bedeutendste
Personalkostenfaktor im Gesundheits-
wesen wäre, meinte Dr. Barnard: "Ich
warne davor, die Ärzte in ihrer Anzahl,
Leistung und Bezahlung immer wieder
in Frage zu stellen, sie andauernd zu ver-
unsichern, zu kriminalisieren und damit
zu elitären Außenseitern zu stempeln. Es
gibt kaum eine andere Berufsgruppe, die
ihr ganzes Leben so intensiv zu lernen
hat, so von ihrem Idealismus abhängig
ist und mit so viel nahezu Unzumutba-
rem konfrontiert wird".
„Meinen Sie damit auch Entscheidungen
über Leben und Tod", wird er gefragt.
Dr. Barnard: „Ich habe immer wieder die
schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass
die Sterbehilfe für so manche Patienten
das einzige richtige Mittel gewesen
wäre. Und ich habe mich in schlaflosen
Nächten oft schuldig gefühlt, davon
immer Abstand genommen zu haben“.