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Kompetenzen ohne Hintergrund:
DIE ZENTRALE REIFEPRÜFUNG KONTRA ALLGEMEINBILDUNG
Adieu Individualität
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6 | MÄRZ 2015
Mag. Matthias Roland
Europa-Akademie
Dr. Roland
www.roland.atzu ermitteln, sondern eine Qualitätskontrol-
le für Schulen und Lehrende einzuführen.
Nur: ist die Matura dafür ein geeignetes
Instrument?
Sie wäre es vielleicht, wenn es wirklich
möglich wäre, ein hohes Maß an Allge-
meinbildung und dessen kompetente
Anwendung in der Praxis abzuprüfen.
Vorausgesetzt natürlich, man ist überhaupt
daran interessiert, das, was man
Allgemeinbildung nennt, zu
vereinheitlichen.
Doch davon ist man
bei der aktuellen
Form der Zentra-
len Reifeprüfung
weit entfernt.
Kompetenzen
sollen geprüft
werden, Inhalte
rücken weit in
den Hintergrund.
Exemplarisch sei
die Kritik der Germa-
nisten angeführt, die
ein völliges Aussterben
von Leselisten und Arbeit mit
Literatur beklagen.
Die Frage ist also: wollen wir eine diffe-
renzierte und gebildete Gesellschaft, oder
verlangen wir von unseren Maturanten
einheitliche Kompetenzen nach dem Motto:
jeder, der die Matura hat, soll tunlichst das
gleiche Wissen und Können?
Oder wollen wir mit der zentralen Reife-
prüfung die Qualität der Lehrer prüfen?
Wenn ja, dann ist die Matura der denkbar
späteste und schlechteste Zeitpunkt dafür
W
er heute Kritik an der Zentralen
Reifeprüfung übt, der bekommt
von den betroffenen Stellen keine
kompetente Antwort, sondern
wird wie ein Nestbeschmutzer behan-
delt, wie jemand, der beruflich alles
schlecht redet und kritisch nur um der
Aufmerksamkeit Willen ist. Von einem
großen Wurf ist dann die Rede, von einer
bedeutenden Bildungsreform, von einem
Meilenstein in der Bildungspolitik.
Und es heisst: man möge mit
der Kritik doch zuwarten, bis
es soweit ist. Noch sei ja
überhaupt keine Erfah-
rung mit dieser neuen
Form der Matura
möglich, man möge
dem Kind doch eine
Chance geben.
Inhaltlich habe ich
jedoch noch keine
würdige Stellungnahme
zur - immer inhaltlich
orientierten - Kritik an der
Zentralmatura vernommen. Wie
so häufig in der Politik bekommt man
auf eine Frage eine Antwort, die mit der
Frage nichts mehr zu tun hat.
Eigentlich eine Themenverfehlung.
Schade.
Denn viele Kritiker der neuen Form der
Reifeprüfung sind durchaus Befürwor-
ter einer zentralen Aufgabenstellung,
hinterfragen also nicht das ob, sondern
das wie der Zentralmatura. Interessanter
Weise geht es im überwiegenden Teil
der Argumente nicht um die Frage, das
Niveau der Schüler